Gesetze bieten Orientierung und Chancen zugleich

Kirchliches Arbeitsrecht - das ist das Besondere daran

Die beiden großen Kirchen sind nach dem öffentlichen Dienst der größte Arbeitgeber. Bei der evangelischen und katholischen Kirche und ihren Organisationen arbeiten etwa 1,3 Millionen Menschen. Für diese Beschäftigten gilt im Rahmen des Selbstbestimmungsrechts der Religionsgemeinschaften ein kirchliches Arbeitsrecht. Es besteht aus einem Mix aus arbeitsrechtlichen Bestimmungen des Staates, verfassungsmäßigen Rechten und kirchlichen Rechtsvorschriften, wobei es enorme Unterschiede zwischen staatlichen und kirchlichen Bestimmungen gibt.


Kirchliches Arbeitsrecht - wie ist das Arbeitsrecht aufgebaut?

Das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften bildet die Basis für das Staatskirchenrecht und ist im Grundgesetz verankert. Demnach sind Kirchen berechtigt, ohne staatliche Aufsicht eigene Entscheidungen zu treffen. Aufgrund des Selbstbestimmungsrechts können sie innerhalb des allgemein gültigen Rechts ihr eigenes Arbeitsrecht verfügen, das aus den drei Säulen Loyalitätsverpflichtung, betriebliche Mitbestimmung und überbetriebliche Mitbestimmung besteht. Die Loyalitätsverpflichtung besagt, dass Mitarbeiter kirchlicher Einrichtungen sich verpflichten, beruflich wie privat nach den Glaubens- und Moralvorstellungen des Arbeitgebers zu leben. Teilweise ist die entsprechende Konfession Voraussetzung für eine Einstellung. Betriebliche Mitbestimmung: Einen Personal- oder Betriebsrat gibt es bei einem kirchlichen Arbeitgeber nicht. Mitarbeiter können sich mittels einer Mitarbeitervertretung an betrieblichen Entscheidungen beteiligen. Überbetriebliche Mitbestimmung: Anders als im staatlichen Arbeitsrecht werden im kirchlichen Arbeitsrecht die Arbeitsbedingungen weder vom Arbeitgeber noch durch Tarifverhandlungen festgelegt, sondern durch Gremien bestehend aus Vertretern der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite.


Können Mitarbeiter bei Verstoß gegen das Loyalitätsgesetz entlassen werden?

Wer in einer kirchlichen Einrichtung arbeitet, muss den Grundsätzen des Glaubens sowohl bei der Arbeit als auch im Privatleben entsprechen. Verstoßen Arbeitnehmer gegen die Loyalitätsverpflichtung, mussten sie in der Vergangenheit mit Konsequenzen bis hin zur Kündigung rechnen. Laut einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) war dies jedoch nicht rechtens, da die Kündigung eine verbotene Diskriminierung aufgrund der Religion war. Wer also in einer kirchlichen Einrichtung arbeitet, sollte gegen eine solche Kündigung gerichtlich vorgehen. Übrigens gilt für die katholische Kirche ein anderes kirchliches Arbeitsrecht als für die evangelische. So sind Wiederheirat, Homosexualität und Scheidung in der evangelischen Kirche keine Kündigungsgründe.

Der "Dritte Weg" der Kirchen

Während im staatlichen Arbeitsrecht Streiks, Aussperrungen und Arbeitskämpfe an der Tagesordnung sind, entspricht dies nicht den Moralvorstellungen der Religionsgemeinschaften. Auch die Festlegung der Arbeitsbedingungen durch den Arbeitgeber kommt im Arbeitsrecht der Kirchen nicht vor. Daher riefen die Kirchen durch Kirchliches Arbeitsrecht den sogenannten "Dritten Weg" ins Leben. Die Gestaltung der Arbeitszeit, Vergütung und des Urlaubs wird durch ein Gremium bestimmt, das sich aus Arbeitnehmern und Arbeitgebern zusammensetzt. Der Dritte Weg soll darauf achten, dass die Interessen der Beschäftigten mit den kirchlichen Vorstellungen übereinstimmen. Die Entscheidungen des Gremiums gelten automatisch für alle Arbeitnehmer, ohne dass diese in Gewerkschaften oder Verbänden organisiert sein müssen.